Mein Begräbnis und andere seltsame Geschichten by Hanns Heinz Ewers

Mein Begräbnis und andere seltsame Geschichten by Hanns Heinz Ewers

Autor:Hanns Heinz Ewers [Ewers, Hanns Heinz]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Georg Müller
veröffentlicht: 1921-01-01T00:00:00+00:00


Diesem Briefe folgten anschließend folgende Aufzeichnungen:

18. August.

Wie ich dies leere Heft aufschlage, habe ich das Gefühl, als trete etwas Neues in mein Leben. Was denn? Der junge Doktor, der mich drei Tage besuchte, hat mir das Versprechen abgenommen, ein Geheimnis zu erforschen und ein seltsames Abenteuer anzufangen. Ein Geheimnis, das vielleicht gar nicht existiert, und ein Abenteuer, das nur in seiner Phantasie lebt! Und ich habe ihm das so leichthin versprochen – – ich denke, er wird recht enttäuscht sein.

Freilich, er hat mich verblüfft. Fünf Monate streift er in diesem Lande herum und kennt es viel besser als ich, der ich nun fünfzig Jahre hier hause. Tausend Dinge hat er mir erzählt, die ich nie vernommen, oder die ich wohl einmal gehört, aber stets ungläubig beiseite geschoben habe. Wahrscheinlich hätte ich es auch mit seinen Erzählungen so gemacht, wenn er nicht aus mir selbst durch Fragen alles mögliche herausgeholt hätte, über das ich nie recht klar geworden bin und das mir nun in einem ganz anderen Lichte erscheint. Und doch würde ich das alles bald genug vergessen haben, wenn nicht der kleine Vorfall mit Adelaide gewesen wäre.

Wie war es doch! Das Negermädchen – sie ist die schönste und kräftigste von meinen Dienerinnen und eigentlich meine Favoritin, seitdem sie im Hause ist – deckte uns den Teetisch. Der Doktor unterbrach plötzlich das Gespräch und sah sie aufmerksam an. Als sie hinausging, fragte er mich, ob ich den kleinen Silberreif mit dem schwarzen Steine am Daumen ihrer rechten Hand bemerkt habe. Ich hatte den Ring tausendmal gesehen, aber nie darauf geachtet. Ob ich bei einer anderen schon einmal einen solchen Ring gesehen habe! Nun, das sei möglich, freilich erinnere ich mich nicht. Er schüttelte nachdenklich den Kopf.

Als das Mädchen wieder auf die Veranda kam, um den Tee zu servieren, sang der Doktor, ohne sie anzusehen, halblaut ein paar Töne. Eine absurde Melodie mit blöden Niggerworten, die ich nicht verstand:

Leh! Eh! Bomba, hen, hen!

Cango bafio tè

Cango moune dè lé

Cango do ki la

Cango li!

Krach! Das Teebrett lag auf den Steinen, die Kanne und Tassen in Scherben. Mit einem Schrei rannte das Mädchen ins Haus. Der Doktor sah ihr nach, dann lachte er und sagte:

»Ich gebe Ihnen mein Wort: sie ist eine Mamaloi!«

Wir plauderten bis Mitternacht, bis die Dampfpfeife ihn auf das abfahrende Schiff zurückrief. Als ich ihn in meinem Boot an Bord brachte, hatte er mich beinahe überzeugt, daß ich wie ein Blinder in einer höchst wunderbaren Schreckenswelt lebe, von deren Existenz ich bisher keine Ahnung hatte.

Nun, ich habe Augen und Ohren geschärft. – Bisher ist mir noch gar nichts Sonderbares aufgefallen. Ich bin sehr neugierig auf die Bücher, die mir der Doktor von New York aus senden will; übrigens will ich ihm gerne zugeben, daß es ein Skandal ist, daß ich in all der Zeit noch nicht ein einziges Werk über dies Land gelesen habe. Immerhin – ich wußte ja gar nicht, daß es solche Bücher gäbe – ich habe nie bei einem Bekannten eines gesehen.

* * *

27. August.

Adelaide ist wieder einmal für acht Tage fort, zu ihren Eltern ins Innere.



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